Lise-Meitner-Gymnasium

Krakaufahrt 2023

14. Juni 2023 / Geschichte, Exkursionen

Zwar sind die Abiturprüfungen gerade überstanden, doch auch nach der Schulzeit lernt man schließlich nie aus. So hat sich auch dieses Jahr eine Gruppe von zwölf Abiturientinnen und Abiturienten und zwei Lehrern, Frau Simons und Herrn Tipke, zusammengeschlossen und ist am 17. Mai, einen Tag nach der mündlichen Prüfung, in Krakau angereist, um sich mit den Schrecken der deutschen Geschichte zu befassen.

Uns ist klar gewesen, dass es nicht leicht sein würde, die vom Nationalsozialismus betroffenen Orte Polens zu besuchen und die Fakten des Geschichtsunterrichts nun in echt anhand von den übriggebliebenen Beweisstücken vor Augen geführt zu bekommen. Trotzdem ist es nicht nur eine erschreckende, sondern auch eine sehr wertvolle Erfahrung gewesen, sich der nationalsozialistischen Vergangenheit zu stellen.

Am ersten Tag des dreitägigen Aufenthalts in Polen besichtigen wir die alte Fabrik Oskar Schindlers und verbinden dies mit einer Stadttour, die von einem Guide angeleitet wird. Er zeigt uns Krakau, die Stadt, in der auch der Film „Schindlers Liste“ spielt, und klärt uns über die jüdische Religion auf. Wir können in eine Synagoge eintreten, einen jüdischen Friedhof bestaunen und der Guide singt uns sogar ein jiddisches Lied (Klezmermusik) vor. Ernster wird es dann, als wir die Fabrik erreichen, die heute ein Museum ist und einen Rundgang durch die Räume bietet, in denen Ausstellungsstücke und Informationstafeln künstlerisch das Schicksal der Juden von den Anfängen des Nationalsozialismus bis zur Nachkriegszeit darstellen. Aus neutralem Interesse wird schnell Beklommenheit, während wir mit erschreckenden Zitaten und Fotos konfrontiert werden.

Das größte Entsetzen erwartet uns jedoch erst einen Tag später, als wir mit dem Bus nach Auschwitz fahren und selbst in dem größten Komplex deutscher Gefangenenlager stehen. Bevor wir das Stammlager betreten, sehen wir auf die bekannte Phrase „Arbeit macht frei“ hinauf, die sich genau über dem Tor befindet. Uns wird bewusst, wie viele Menschen bereits durch dieses Tor gegangen und nicht mehr hinausgekommen sind. Eine Mitarbeiterin führt uns durch die Baracken des Lagers, in denen Ausstellungsstücke und Folterräume besichtigt werden können. Hinter jeder Tür scheint der Tod seine Spuren hinterlassen zu haben, wird uns bewusst, während der Guide die Methoden der Nazis schildert, die hier 1,1 Millionen Menschen das Leben gekostet haben.

Ein Raum, der besonders Eindruck hinterlassen hat, ist der, in dem die Haare von 40.000 Opfern aufbewahrt werden. Auch haufenweise gesammelte Schuhe, Koffer, Brillen und Prothesen befinden sich hinter riesigen Glasvitrinen und auf einmal werden uns die sonst so unvorstellbaren Zahlen der Toten deutlich.

Nach einer kurzen Busfahrt erreicht unsere Gruppe dann das ehemalige Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Auch hier werden wir herumgeführt und sehen die berüchtigte „Rampe“, an der die deportierten Juden ausstiegen, von Ärzten selektiert und meist sofort in die Gaskammern geschickt worden sind. Weiter im Lager sehen wir eine Aufreihung an Baracken, die kein Ende zu nehmen scheint. Am Ende dieses Rundgangs sind wir fassungslos und es bleibt die Frage, wie es möglich gewesen sein konnte, dass solche Grauen zugelassen und ausgeführt werden konnten.

Am letzten Tag unseres Aufenthalts in Polen fahren wir nach Plaszow, wo sich ein ehemaliges Arbeitslager befindet. Im Gegensatz zu Auschwitz ist aus diesem jedoch ein naturbelassener Park geworden, nur ein paar Informationstafeln und ein Denkmal erinnern daran, was vor nicht einmal 100 Jahren an diesem Ort geschehen ist. Zu sehen sind außerdem das Haus des Lagerkommandanten Amon Göths und das Graue Haus, ein Verwaltungsgebäude der Nazis, in dessen Keller Häftlinge gefoltert und getötet worden sind. Beide Gebäude können jedoch nur von außen betrachtet werden, da das ehemalige Haus Göths nun an eine Privatperson verkauft wurde und die bunten Wände im Grauen Haus ebenfalls darauf schließen lassen, dass es nach der Zeit des Nationalsozialismus bewohnt worden ist, bevor es unter Denkmalschutz gestellt wurde. Wir fragen den neuen Besitzer der einstigen Göth-Villa, wie er zu der Geschichte seines Hauses steht. Dieser antwortet mit Distanziertheit und erklärt, dass die zwei Jahre, in denen der Lagerkommandant die Villa bewohnt habe, nur einen kleinen Zeitabschnitt seit Bau des Gebäudes bis zum heutigen Tag ausmachen würden. Wir können seine Einstellung nachvollziehen, sind uns allerdings nicht sicher, ob es richtig ist, geschichtlich relevante Gebäude wie diese an Privatpersonen zu verkaufen.

Auch wenn die Erlebnisse uns manch ungutes Gefühl bereitet haben, sind wir dennoch froh, die Chance genutzt zu haben, nach Krakau zu fahren. Es ist wichtig, dass die Schrecken des Nationalsozialismus in Erinnerung bleiben, damit sich die Geschichte in Zukunft nicht wiederholen wird. Gerade deshalb ist es gut, dass solche Fahrten – genau wie diese – von der Sanddorf-Stiftung finanziell unterstützt werden. Zu jeder Zeit ist es entscheidend, mit einer kritischen und toleranten Einstellung durch die Welt zu gehen, denn auch der Holocaust hat mit Kleinigkeiten angefangen, die nicht rechtzeitig unterbunden worden sind. (von Maja Vlajcevic)

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